23. SONNTAG im Jahreskreis
Evangelium nach Lukas (14,25-33)
Ich erzähle Ihnen nichts Neues, wenn ich sage, dass die Werbung überall in unserem Leben ist: auf den Straßen, in den Medien, im Fernsehen und dadurch mitten in unseren Wohnungen. Überall wird uns das Blaue vom Himmel versprochen, Genuss und Wellness, wenn wir dies oder jenes tun oder kaufen. Die unglaublichsten Tricks werden angewendet, um uns glauben zu lassen, wir müssen bestimmte Dinge haben, um glücklich sein zu können.
Jesus passt nicht in diesen Rahmen. Er wäre kein guter Werbefachmann. Er ist ab und zu eher eckig und kantig. Er will nicht, dass wir ihm einfach auf den Leim gehen. Mit den Beispielen von einem Mann, der einen Turm bauen oder eines Feldherrn, der einen Krieg beginnen will, will er deutlich machen: Beide müssen sich zuerst gut überlegen, ob sie überhaupt die Möglichkeiten haben und stark genug sind, um ihre Pläne durchzuführen. Eine oberflächliche Begeisterung genügt nicht. Jesus meint: So sollt auch ihr, wenn ihr mir folgen, in meine Fußstapfen treten, zu mir gehören, Christ sein, christlich leben wollt, gut und kritisch überlegen, ob ihr dazu fähig seid, den Mut und die Kraft dazu habt. Ihr müsst bereit sein, viele Dinge, die in dieser Welt so ganz wichtig erscheinen, zu relativieren, lernen ihren wahren Wert richtig einzuschätzen.
Das können materielle Dinge, wie Besitz sein. Das können sogar Menschen, ja die eigene Familie sein. Wer sie zum Wichtigsten in seinem Leben deklariert, macht sie zu seinem Gott, zu Götzen. Er baut sein ganzes Leben auf etwas auf, das vergänglich ist und deswegen auch seine tiefsten Lebenserwartungen nicht erfüllen kann. Wer sagt, dass seine Familie ihm das Heiligste und das Allerwichtigste seines Lebens ist, macht sie zu seinem Gott und lebt mit falschen Erwartungen. Wie wertvoll und schön eine gute Familie auch sein kann, sie kann nie das Ziel meines Lebens sein, denn dann werde ich früher oder später enttäuscht werden. Eine Familie ist ein Grüppchen von Menschen, die mit mir unterwegs sind, mir Momente des Glücks schenken können, eine Hilfe und eine Stütze um unser gemeinsames Lebensziel zu erreichen. Aber sie kann nicht das Ziel selbst sein. Das wäre eine Illusion. Wenn ich das verstanden habe, kann ich als Christ wirklich eine Bereicherung für meine Familie sein.
Deswegen meint Jesus: „Wer nicht bereit ist, Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern, seinen ganzen Besitz, ja sogar sein Leben, in Situationen, wo das notwendig ist, wo einer sich selber und sein Gewissen vor Gott nicht verraten möchte, hintanzustellen, kann nicht mein Jünger sein, hat sein Christsein falsch verstanden.“
Christsein, im Sinne von Jesus leben (biblisch: „Jesus nachfolgen“), an ihn glauben, sich mit ihm einlassen, ist kein Hobby, keine Freizeitbeschäftígung, etwas, was ich mache, wenn ich gerade Zeit und Lust habe, etwas, was ich tun oder genauso lassen könnte. Es geht um mein Leben, um Sinn oder Sinnlosigkeit, Heil oder Unheil, ist eine Frage von „Alles oder Nichts.
Und wenn ich dazu bereit bin, soll ich mir keine Illusionen machen: Es ist nicht einfach, verlangt Einsatz und Kraft, auch Mut und Ausdauer. Ich kann es mir nicht leicht machen, ich muss mir gut überlegen, ob ich das wirklich will. Prüfe dein Herz! Ich muss mit Schwierigkeiten rechnen, vielleicht auch mit Nachteilen, muss manchmal auch gegen den Strom schwimmen, Kreuze auf mich nehmen.
Will ich wirklich Christ sein, zu dieser Bewegung gehören, die Jesus Christus ins Leben gerufen hat? Will ich mein ganzes Leben in seinem Sinne gestalten, nach seinen Grundprinzipien leben? Was darf mich das an Zeit und Energie kosten? Viele Menschen bewundern Jesus, sein Gottesbild, seine direkte Beziehung zu Gott, wie er konsequent und geradlinig seine Vorstellungen lebte, wie er auf Menschen zuging und wie er mit ihnen umging. Jesus will aber mehr als „bewundert“ werden, er fordert Nachfolge. In seine Fußstapfen zu treten ist eine große Herausforderung.
Keiner von uns wird von sich behaupten wollen, er oder sie sei ein perfekter Christ, eine perfekte Christin. Der deutsche Philosoph, Friedrich Nietzsche, hat einmal gesagt: „Im Grunde gab es nur einen Christen, und der starb am Kreuz.“ Zu diesem harten Urteil kommt er nach einem intensiven Blick in die Evangelien und nach konkreten Erfahrungen mit den Christen seiner Zeit.
Jesus will uns im heutigen Evangelium deutlich machen: Christsein ist eine sehr ernste Lebensangelegenheit. Es soll uns klar sein, worauf wir uns mit ihm einlassen und wir sollen das dann auch konsequent, ohne Wenn und Aber, tun. Wie heißt es so schön in einem unserer Lieder: „Wir sind immer noch, auf dem Weg. Und das Ziel bleibt eingeschrieben in mein Herz.“